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Dresdner Porzellan – Ein Stück Dresden

An der Wiege des Weißen Goldes

War die Entdeckung des europäischen Porzellans anno 1708 in Dresden ein Zufall?
Der von Legenden umwobene Alchimist Johann Friedrich Böttger sollte seinerzeit dem sächsischen Kurfürsten August dem Starken, König von Polen, auf künstlichem Wege Gold schaffen. Was natürlich misslang. Doch Böttger und sein Team entdeckten das Arkanum, das bislang in Europa unbekannte Geheimnis der Porzellanherstellung. Dresden gilt seither als die Wiege des Weißen Goldes, das Sachsen sowohl Reichtum als auch ewigen Ruhm brachte.

Im 19. Jahrhundert verliehen nicht zuletzt die sogenannten Dresdner Hausmaler der sächsischen Porzellankunst ständig neue Impulse. Einer von ihnen, Carl Gottlieb Thieme, verzierte mit seiner Familie in einem eigenen Geschäft in der Innenstadt anderswo erworbenes Weißporzellan und verkaufte es mit Erfolg an die Kundschaft aus dem In- und Ausland. Voll Wagemut entschloss er sich im Alter von 50 Jahren, seine eigenen Scherben zu brennen. Wegen der hohen Grundstückspreise in Dresden, gründete Thieme in Potschappel, unmittelbar vor den Toren der Residenzstadt eine Manufaktur. Am 17. September 1872 begann er im heutigen Stadtteil von Freital mit der Herstellung von Zier- und Kunstporzellan. Zwar hieß das Unternehmen aus Gründen der Modernität seinerzeit „Sächsische Porzellan-Fabrik“, gefertigt wurde jedoch ausschließlich in manufakturtypischer Handarbeit.

Siegeszug um die Welt

Zu den Mitarbeitern Thiemes gehörte der Blumenmodelleur Karl August Kuntzsch, der in der Manufaktur seine spätere Frau Rosalie, eine Tochter Thiemes, kennen lernte. Der talentierte Kuntzsch begründete die große Tradition des für Dresdner Porzellan bis heute charakteristischen üppigen Blumenbelags. Nach dem Tod von Firmengründer Carl Gottlieb Thieme 1888 erwies er sich als weitblickender Unternehmer, der die Manufaktur erfolgreich weiterführte und Dresdner Porzellan weltweit bekannt machte. Kuntzsch reiste bis nach den USA, organisierte den Absatz in Europa, heimste Medaillen und Anerkennungen auf der Internationalen Industrie-Ausstellung in Brüssel 1897, der Pariser Weltausstellung von 1900 und zahlreichen Kunstausstellungen ein. Die wirtschaftlichen Erfolge ermöglichten und erforderten 1912 die bauliche Erweiterung der an der Eisenbahnlinie Dresden-Chemnitz stehenden Manufaktur. Das Gebäude erhielt seine heutige Gestalt. Karl August Kuntzsch und seine Nachfahren sorgten dafür, dass das Dresdner Manufakturporzellan seinen Siegeszug um die Welt antrat. Selbst das britische Königshaus erwarb bis zum Ende der 30er Jahre den feinen Zierrat aus Sachsen, darunter das berühmte „Puppengeschirr der Queen Mary“.

Die vergessene Marke

Die beiden Weltkriege und die Weltwirtschaftskrise gingen nicht spurlos an der Manufaktur vorüber. Dennoch gelang es den beiden Söhnen des 1920 verstobenen Karl August Kuntzsch, das Unternehmen stets wieder flott zu machen. So auch nach dem Zweiten Weltkrieg. Ein glücklicher Umstand rettete den Abtransport der umfangreichen Mustersammlung als Kriegstrophae nach der Sowjetunion. 1950 starb Carl August, der ältere der Kuntzsch-Brüder. 1951 wurde Emil Kuntzsch aus fadenscheinigen Gründen verhaftet und als Wirtschaftskrimineller verfemt. Noch im selben Jahr ging er in die BRD. Dennoch blieben Mitglieder der Kuntzsch-Familie weiter an dem bis 1957 rein privat geführten Unternehmen beteiligt. Ab 1958 firmierte die Manufaktur als Betrieb mit staatlicher Beteiligung. 1972 erfolgte die endgültige Enteignung und die Umwandlung in einen volkseigenen Betrieb. Zwischen 1979 und 1990 erlebte die Manufaktur eine neue Blütezeit. Das Exportgeschäft über den staatlichen Außenhandel der DDR boomte. Allerdings vermarktete man die Ware unter der Bezeichnung „Sächsisch-Thüringisches Porzellan“ ausschließlich im Ausland. Das führte dazu, dass die Marke „SP Dresden“ zunehmend in Vergessenheit geriet. Insbesondere im Osten Deutschlands, ja Dresden selbst, war Dresdner Porzellan vielen Menschen gänzlich unbekannt. Die 1989/90 in Ostdeutschland einsetzenden gesellschaftlichen Umwälzungen brachten der Manufaktur schwierige Zeiten. Trotz mehrmaliger Insolvenz konnte sich das Unternehmen am Markt weiter behaupten. Handelskontakte in die USA, England, Südeuropa, Nahost sowie nach Thailand und Japan konnten geknüpft bzw. aufgefrischt werden. Das Exportgeschäft kam wieder ins Rollen. Auf der internationalen Leitmesse der Branche „Ambiente“ in Frankfurt erhielt die Manufaktur im Frühjahr 2000 erstmals den ihr gebührenden Platz, ein Feststand unmittelbar neben anderen Weltmarken. Die Manufaktur öffnete ihre Türen zu den Werkstätten und Ateliers der Kunsthandwerker. Täglich (außer samstags und sonntags) können sich die Gäste direkt an den Arbeitsplätzen von der hohen Meisterschaft der Modelleure, Bossierer und Porzellanmalerinnen überzeugen. Jährlich einmal lädt das Unternehmen zum Tage der offenen Tür ein. Die Einträge ins Gästebuch belegen: Wer immer die Manufaktur besucht hat, ist nicht nur begeistert von der ihm dargebotenen Meisterschaft. Er ist gleichsam fasziniert von der unnachahmlichen Gründerzeitatmosphäre des ehrwürdigen Hauses. Die Manufaktur entwickelt sich mehr und mehr zu einem Ort der intensiven Begegnung von Menschen mit kulturellen Ansprüchen. Hier gibt es Ausstellungen, Konzerte und Literaturabende. Zu besonderen Gelegenheiten verwandelt sich der Brennsaal in ein Forum für Symposien oder in ein zünftiges Lokal für nicht alltägliche Feste und Feiern.

Unverwechselbar Dresden

Was in den Händen der Porzellanmacher zu höchster Vollendung gedeiht, wurzelt in dieser oder jener Form in den reichen künstlerischen und kulturellen Traditionen der als „Elbflorenz“ gerühmten Metropole Sachsens. „Die barocken Formen der Dresdner Architektur spiegeln sich in den Stücken unserer klassischen Kollektion wider. In unserer Manufaktur ist die Herstellung von Zierporzellan bis heute in ihrer Ursprünglichkeit erhalten geblieben“, berichtet Gunther Seifert. „Dennoch setzen wir nicht allein auf Tradition. Seit jeher reizt Porzellan zur schöpferischen Auseinandersetzung. Unsere Designer und Kunsthandwerker finden in der Dresdner Kulturlandschaft immer wieder neue Ideen. Unser Porzellan ist im wahrsten Sinne des Wortes ein Stück Dresden“. Der inzwischen auf 12.500 Stücke angewachsene Formenschatz der Manufaktur ist gleichsam ein Spiegelbild der europäischen Porzellangeschichte aus zwei Jahrhunderten.

Wie jede andere Porzellan herstellende Manufaktur orientierte sich Dresdner Porzellan an gängigen Formen und Motiven. Vieles davon wurde den Wünschen der Kunden angepasst. Eine eigenständige Ausprägung entstand. Der Kenner pickt traditionelle Stücke aus Dresdner Porzellan mit hoher Sicherheit aus dem breiten Angebot des Marktes heraus, ohne die Bodenmarke bemühen zu müssen. Filigrane, mit freier Hand geschnittene Durchbrüche sowie phantasievolle florale und figürliche Reliefs ergeben zusammen mit einer vielfältig variierten Ornamentik und einer reichen Vergoldung das charakteristische Erscheinungsbild von Dresdner Porzellan.

Seit 1897 gibt es ein fortlaufend nummeriertes Modellbuch. Eine durchbrochene Wandkonsole trägt die Modellnummer 1. Im 20. Jahrhundert prägten Modelleure wie Reinhold Braunschmidt, Fritz Schlesinger und Erwin Dobner die Erzeugnispalette der Manufaktur. In den letzten Jahren war Olaf Stoy der bestimmende kreative Geist in der Gestaltung neuer Werke aus Dresdner Porzellan. Er schuf u. a. eine liebevoll komponierte Weihnachtskrippe oder das voller Dramatik steckende Schachspiel „Anima mechanica“.

Stets muss ein Porzellan-Designer den komplizierten Vorgang des Brennens ins Kalkül ziehen. Bei einem Maximalwert von 1400 Grad Celsius werden die geformten Figuren im Ofen immerhin um 16 Prozent kleiner. „Trotz langjähriger Erfahrungen im Umgang mit der Porzellanmasse erleben wir immer wieder Überraschungen. Jeder Durchlauf birgt gewisse Risiken in sich“, sagt Gestalter Peter Nicolai. „Erst nach dem letzten Brennvorgang wissen wir, ob die Stücke wirklich erstklassig gelungen sind.“ Unverwechselbar Dresden ist das Porzellan aus Potschappel nicht zuletzt Dank seiner Malerei, insbesondere der Blumenmalerei. „Zu unseren Spezialitäten gehört das Dresdner Bukett“, erläutert Malerin Marina Berndt. „Um eine große Hauptblume gruppieren sich zwei etwas kleiner Nebenblumen sowie weiteres Blatt- und Blütenwerk. Jede Malerin bzw. jeder Maler hat sich lediglich an diese Hauptgliederung zu halten, ansonsten sind wir in der Ausführung frei und können variantenreich gestalten. Auf diese Weise entstehen natürlich zur Freude unserer Kunden reine Unikate.“ Traditionell pflegt man in der Manufaktur die Aufglasurmalerei mit Metalloxid-Farben. Mehrmaliges Brennen sorgt für die Unvergänglichkeit der Motive. Um ihr unverwechselbares Gesicht zu bewahren, bildet die Manufaktur ihren eigenen Berufsnachwuchs heran.

Blau auf weißem Grund: SP Dresden

Das erste Markenzeichen für das in Potschappel hergestellte Porzellan war der Buchstabe „T“ (für Thieme) über einem Fisch. Die darauf folgende Geschichte der von der Manufaktur verwendeten Labels liest sich wie ein spannender Roman (siehe Dresdner Porzellan – Geschichte einer Manufaktur“ von Klaus-Peter Arnold, Verlag der Kunst Dresden, ISBN 90-5705-005-6).

Eine Vielzahl von heute unbekannten Warenzeichen wurde verwendet. Das bis heute genutzte und inzwischen weltberühmte „SP Dresden“ (für Sächsische Porzellan-Manufaktur Dresden) wurde 1901/02 amtlich registriert. Die Marke wird in Blau auf den geglühten Scherben gebracht und anschließend mit der Glasur überzogen. Bei älteren Stücken ist das Zeichen gelegentlich auch auf der Glasur zu finden. In den 70er Jahren des vergangenen Jahrhunderts musste sich die Manufaktur gerichtlich gegen den Missbrauch ihres eingetragenen Markenzeichens gegen mehrere Wettbewerber – vor allem aus Bayern – zur Wehr setzen. Das Oberlandgericht München erkannte schließlich an, dass es nur der Dresdner Manufaktur gestattet ist, die Ortsbezeichnung „Dresden“ im Namen und als Dekorkennzeichnung zu führen.

Quelle: Presseinformation der Sächsischen Porzellan-Manufaktur Dresden

 



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